Eigenverantwortliches Arbeiten (EVA)

Ein Modell nach Dr. Heinz Klippert
von Mag.a Karin Tscherne

„Menschen sind unbelehrbar, aber sie können lernen!“
Wie oft verzweifeln Eltern und Lehrer*innen, wenn sie den Eindruck haben, sie hätten einem Kind oder Jugendlichen etwas schon „hundertmal gesagt“, schon „dreimal erklärt“ – und der / die „Belehrte“ tut völlig verständnislos, hat keine Ahnung, weiß von nichts.

Uns ist eigentlich völlig klar, warum das so ist: weil man Wissen nicht weitergeben kann wie einen Gegenstand. Doch leider vergessen wir das manchmal, und dieser Irrtum zeigt sich auch in manchen österreichischen Dialekten, wo dann gesagt werden kann „Ich lerne dir das“ oder, von der anderen Seite, „Lern mir das“ (bzw. „Sie haben mir das nicht gscheit gelernt“) Wissen aus einem Kopf in den Kopf einer anderen Person zu transferieren, ist unmöglich. Lernen ist ein aktiver Akt, ein Prozess, der ausschließlich von einem/einer Lernenden gesteuert und vollzogen werden kann.

Wir wissen das, und trotzdem trägt Unterricht dieser Tatsache viel zu wenig Rechnung: Mehr als 70% der gesamten Unterrichtszeit wird von der Aktivität eines Lehrers / einer Lehrerin gefüllt, der/die vorträgt, erzählt, erklärt, präsentiert, organisiert etc., und nicht einmal 10% des Unterrichts verbringen Schüler*innen in Einzel-, Paar- oder Gruppenarbeit, also in Arbeitsformen, in denen sie selbst tätig werden.

Wenn wir davon ausgehen, dass Schüler*innen durch den Lehrervortrag nicht vortragen, durch Erklärungen der Lehrerin nicht erklären und durch die Präsentation eines Ergebnisses durch den Lehrer nicht präsentieren lernen (oder jedenfalls nur im extremen Ausnahmefall!) – so müssen wir uns die Frage stellen, welche Veränderungen notwendig sind, um Schule zu einem Ort werden zu lassen, an dem mehr als bisher Schüler*innen jene Fähigkeiten erwerben, die sie zum aktiven Lernen benötigen.
Der deutsche Pädagoge Dr. Heinz Klippert hat mit E.V.A. = Eigenverantwortliches Lernen und Arbeiten ein Konzept entwickelt, das er das „Neue Haus des Lernens“ nennt.

Er hat das Handeln der Schüler*innen zum Ziel: Arbeitstechniken eignet sich jemand nur dann an, wenn er / sie immer wieder üben kann; produktives Zusammenarbeiten in einer Gruppe erlernt jemand ebenfalls nur durch wiederkehrende Praxis…. Nicht indem wir, die Lehrer*innen (oder Eltern) ihnen sagen, wie es geht, erweitern Kinder und Jugendliche ihre Fähigkeiten, sondern indem sie immer wieder ausprobieren können!

Weiters ist er produktorientiert: Üblicherweise stellen Lehrer*innen her – Tafelbilder, Folien, Arbeitsblätter, Experimente…. und Schüler*innen konsumieren. Doch erst dann, wenn die Schüler*innen selbst aktiv werden, selbst produzieren, im wahrsten Sinn des Wortes „in die Hand nehmen“, können sie sich fachliche und methodische, aber auch soziale und persönlichkeitsbildende Fähigkeiten und Fertigkeiten aneignen.

Es steht also nicht mehr der formale Wissenserwerb im Vordergrund; stattdessen präsentiert Klippert einen erweiterten Lernbegriff, der viele Aspekte von Lernen umfasst.